Podcast: Kapitel B.
Eltern behinderter Kinder erzählen vom Leben und Schreiben
Ein schwer behindertes Kind bedeutet eine Zäsur im Leben der Eltern: Ein neues Kapitel beginnt. Wie können wir ehrlich davon erzählen, ohne unsere Kinder schlecht darzustellen? Welche Sprache steht uns zur Verfügung, um das, was wir erleben, zu erfassen und mit anderen zu teilen? Und für wen sprechen wir, wenn wir von "uns" erzählen?
Spannende Geschichten entstehen da, wo das Erzählen schwierig wird, wo passende Begriffe und angemessene Formen erst gefunden werden müssen. In diesem Podcast stelle ich Texte vor, die mir helfen, mich als Mutter eines behinderten Kindes zurechtzufinden, und ich spreche mit anderen Angehörigen darüber, was ihnen das Lesen und Schreiben bedeutet.
Seit vielen Jahren beschreibt Melanie Della Rossa ihr Leben und ihre Gefühle in Gedichten, die poetisch und schonungslos ehrlich sind. Mit ihrem Blog erreicht sie durch ihren einzigartigen Stil ein grosses Publikum. "Mein Ziel ist vor allem, sichtbar zu sein", sagt sie. 2017 veröffentlichte sie ihr Buch "Ohne Liebe ist es nicht zu schaffen", in dem sie von den ersten zehn Jahren mit ihrer Tochter Julia erzählt, die heute achtzehn Jahre alt ist. Im Interview erklärt sie, warum das Schreiben für sie überlebenswichtig war und was es ihr heute bedeutet.
Melanie Della Rossa ist Präsidentin des Angelman Verein Schweiz, der insbesondere Familien mit der Diagnose "Angelman Syndrom" unterstützt. Ausserdem berät sie mit ihrer Firma Della Rossa GmbH alle Familien mit einem behinderten oder schwer kranken Kind, sowie Vereine und Institutionen bei Fragen, die sich im Umgang mit Sozialversicherungen und Behörden ergeben. Von ihrem eigenen Leben erzählt sie auf ihrem Blog Julia der Weg. Das Buch "Ohne Liebe ist es nicht zu schaffen. Wenn alles anders kommt als erwartet" kann über die Website vom Angelman Verein Schweiz bestellt werden.
Oriana Schrage ist Schauspielerin und Sprecherin und liest gemeisam mit ihrem Sohn Yonathan aus Melanie Della Rossas Buch.
Transkript der ganzen Sendung
Intro (Melanie Della Rossa): Ich finde einfach, das ist so wichtig, dass man das darf. Ich bin einfach nicht der Fan vom Schönreden und der Fan von Aussagen wie: Sie hat dich zu einem besseren Menschen gemacht. Ja, dann wäre ich lieber ein bisschen weniger gut.
Martina Süess: Herzlich willkommen bei Kapitel B. Ich stelle hier Texte vor, die mir helfen, mich zurechtzufinden als Mutter eines behinderten Kindes. Und ich spreche mit anderen Angehörigen darüber, was ihnen das Lesen und Schreiben bedeutet. Mein Name ist Martina Süess.
Heute stelle ich ein Buch vor, das recht viel mit meiner eigenen Situation zu tun hat. Es geht nämlich um das Leben mit dem Angelman-Syndrom oder Angelman-Syndrom. Das ist die Diagnose, die meine Tochter auch hat. Das Buch heisst "Ohne Liebe ist es nicht zu schaffen. Wenn alles anders kommt als erwartet". Und ich freue mich sehr, dass die Autorin Melanie Della Rossa heute hier bei uns ist. Hallo Melanie.
Della Rossa: Hallo Martina.
Süess: Manche kennen dich wahrscheinlich schon, die jetzt zuhören, weil du sehr umtriebig bist. Aber für alle anderen: Kannst du vielleicht erklären, warum man dich kennen sollte?
Della Rossa: Ich heisse Melanie Della Rossa, bin 47, wohne mit meiner Familie in Zug. Unsere Familie wohnt in einem Generationenhaus mit meinen Eltern und meiner Schwester und ihrer Familie. Und wir haben zwei Kinder. Yanis ist zwanzig Jahre und Julia wurde im April achtzehn. Sie ist mit dem Angelman-Syndrom geboren und unser Alltag ist durch sie noch ein bisschen turbulenter geworden, als er sonst schon ist.
Süess: Darüber werden wir auch gleich sprechen, wenn wir über dein Buch sprechen. Wichtig ist vielleicht noch zu sagen, dass du auch die Präsidentin vom Angelman-Verein Schweiz bist. Das ist auch der Grund, warum wir uns kennen, weil wir da auch Mitglied sind. Du hast mittlerweile auch eine Beratungsfirma, die Della Rossa GmbH. Und vielleicht kennen manche von euch, die jetzt zuhören, auch den Blog von Melanie. Über den werden wir heute auch noch sprechen in diesem Podcast.
Wie gesagt, kennen wir uns jetzt schon ein paar Jahre. Ich glaube, sechs Jahre. Ja, sechs Jahre. Und deshalb haben wir uns auch entschieden, dass wir dieses Gespräch von jetzt an auf Schweizerdeutsch weiterführen. Es wäre einfach seltsam, wenn wir jetzt Hochdeutsch miteinander sprechen würden. Aber also bevor ihr jetzt ausschalten wollt, weil ihr kein Schweizerdeutsch versteht, wartet mal noch kurz. Denn das Buch von Melanie ist auf Hochdeutsch geschrieben und es werden Auszüge aus diesem Buch gelesen. Und zwar von einer Schauspielerin, Oriana Schrage, die wirklich perfekt Hochdeutsch spricht. Bleibt also dran, denn wir werden jetzt dann gleich schon in dieses Buch einsteigen. Ausserdem gibt es ein Transkript. Ihr findet dieses Gespräch als Text aufgezeichnet auf Hochdeutsch auf der Website. Und da könnt ihr mitlesen oder a
uch nachlesen. So, jetzt wechseln wir auf Schweizerdeutsch.
Della Rossa: Super.
Süess: Eigentlich, Melanie, bist du ja gar nicht bei mir. Vorher habe ich gesagt, du bist bei mir im Podcast, aber eigentlich bin ich ja bei dir. Endlich habe ich es geschafft!
Della Rossa: Ich habe mich auch gefreut!
Süess: Ich kann mich erinnern, kurz nachdem ich Mitglied wurde beim Verein, also kurz nachdem ich dir geschrieben habe, hast du, ich glaube, das war die allererste Mail, die du zurückgeschrieben hast: Ihr könnt uns jederzeit besuchen in Zug, wenn ihr sehen wollt, wie wir leben. Und ich dachte: natürlich wollen wir kommen! Aber es kam einfach immer irgendetwas dazwischen. Es kam Corona, nachher Epilepsie bei uns, nachher Einschulung und so weiter. Hast du das allen neuen Mitgliedern immer angeboten?
Della Rossa: Ja. Mir war wichtig, dass ich ihnen das geben kann, was uns damals fehlte: aufgehoben sein, von Leuten verstanden werden, die das gleiche Schicksal haben. Und das war uns… da es diesen Verein nicht gab, und in der Schweiz gar nichts ähnliches gab, fühlten wir uns damals sehr alleine mit dieser Diagnose. Und darum war für mich klar, wenn wir diesen Verein gründen, dann mache ich das mit ganzem Herzen. Und dazu gehört auch, dass jeder willkommen ist.
Süess: Und sind auch einige Leute gekommen?
Della Rossa: Ja, ich bin aber auch zu einigen Leuten gegangen. Also es ist dann immer ein bisschen ein Abwägen, was ist gerade die einfachere Version. Und da Julia jetzt bereits eingeschult ist und in einer Struktur ist, ist es für mich einfacher als früher mit kleinen Kindern, wo man eigentlich 24 Stunden nur am Wirbeln ist.
Süess: Seit du das Buch geschrieben hast, sind ja einige Jahre vergangen. 2017 ist die erste Auflage erschienen. Das Buch besteht aus 45 kurzen Kapiteln, oder man könnte sagen 45 in sich eigentlich geschlossenen Texten. Und wir hören jetzt mal einen Text, in dem es auch um den Besuch geht.
Neun sind okay. Wenn der Besuch vor Schreck erstarrt. (O. Schrage liest aus: "Ohne Liebe ist es nicht zu schaffen")
Della Rossa: Super macht sie es. Mega schön.
Süess: Ich habe diesen Text ausgewählt, weil ich es so bezeichnend finde, dass es für fremde Leute unglaublich schwierig ist, einzuschätzen, ob das, was unsere Kinder gerade machen, lebensgefährlich ist oder ob es einfach ganz normal ist. Und ich finde, das macht es so anstrengend. Gerade mit Fremden.
Della Rossa: Wir hatten immer wieder Diskussionen, auch mit Fachpersonen, die sagten, das ist mega gefährlich, wenn ihr ihr Murmeln gebt. Und dann habe ich das irgendwann mit dem Kinderarzt besprochen und er sagte: Was ist anstrengender, ihr das tausendmal am Tag zu verwehren, oder ab und zu mal eine in den Windeln zu finden. Und wir fanden dann, also jetzt ist der Entscheid klar. Und sie hatte dann aber zweimal wirklich die Kugel im falschen Hals und ist dann wirklich fast erstickt. Und das waren dann wieder Momente, in denen wir sie wieder wegnahmen und sagten: ach nein, es ist einfach doch zu gefährlich. Und dann haben wir das vielleicht, ich weiss auch nicht, ein paar Tage durchgehalten, und dann haben wir wieder gemerkt, das ist das, was sie will und braucht und gerne hat. Und wir müssen einfach das Risiko abwägen, was stimmt für uns.
Süess: Ich finde es auch bezeichnend, dass du das unter dem Titel, "Wenn der Besuch vor Schreck erstarrt", dass du dem Text diesen Titel gegeben hast. Weil– es macht es auch so anstrengend, Besuch zu haben. Es ist auch für den Besuch, wenn man uns und unsere Kinder nicht extrem gut kennt, ist es sehr anstrengend.
Della Rossa: Ja, absolut. Und zwar für alle Parteien, finde ich. Es ist dann anstrengend für uns, weil wir im Verteidigungsmodus sind und im Erklär-Modus. Es ist für den Gast schwierig, weil er eigentlich offen sein will, aber völlig überfordert ist mit der Situation. Und für Julia ist es schwierig, weil sie einfach genau unsere Gemütslage spürt, vielleicht so ein bisschen spürt, dass wir nervös sind oder eben etwas besser darstellen, als es ist. Uns entschuldigen für etwas, für das gar niemand etwas kann. Ich finde Besuche von Menschen, die uns nicht nahe sind, auch extrem anstrengend.
Süess: Wenn man jetzt das Buch anschaut, wenn man es aufschlägt, ich habe es ja da, dann ist eigentlich das Erste, was auffällt, dass nur die linke Seite, die linke Hälfte von der Seite beschrieben ist. Also, das ist nicht ein Prosa-Fliesstext, sondern das ist in Versen geschrieben, das ist als Gedicht verfasst. Und das macht etwas mit dem Text, es entsteht eine bestimmte Wirkung. Und Oriana Schrage hat das sehr schön umgesetzt beim Lesen. Wir hören gerade noch mal den letzten Abschnitt von dem Text.
Und wenn,
dann kommen sie
auf natürlichem Weg
wieder raus.
Irgendwann
wird man pragmatisch.
Neun sind okay.
Bei mehr als zehn
werde auch ich
ein wenig
nervös.
Süess: Da hört man sehr gut die Spannung, die entsteht durch die Pausen. Wie bist du auf diese Idee gekommen?
Della Rossa: Also ich habe immer gerne geschrieben, ich weiss aber noch, dass mein Deutschlehrer meine Aufsätze langweilig fand. Und das kam mir aber erst Jahre später wieder in den Sinn, als ich anfing, zu schreiben. Und dann habe ich bemerkt, dass meine Gedanken auch brechen. Und habe versucht, die Texte oder die Gedanken dann so zu notieren, dass sie wie noch mehr Stärke bekommen. Und ich ging ja dann zu Sybil Schreiber in einen Biografie-Kurs, ein Jahr, und habe dort mein Buch geschrieben. Und sie hat mich von Anfang an total bestärkt und hat gesagt: Melanie, das ist etwas ganz Eigenes, was du da machst. Das habe ich noch nie so gesehen. Behalte das bei und baue das noch mehr aus. Und so habe ich dann angefangen auch Fliesstexte, die ich schon geschrieben hatte, zu brechen und gemerkt, dass die einen ganz anderen Ausdruck bekommen oder noch viel stärker wirken.
Süess: Was willst du bewirken mit diesen Texten? Worauf achtest du? Was ist dein Ziel?
Della Rossa: Also, mein Ziel ist vor allem einfach sichtbar zu sein und zwar für alle Familien, die das nicht können oder die das nicht schaffen oder die das vielleicht auch von der Familiensituation her nicht können. Ich möchte einfach erzählen, wie es für uns ist, wie unser Alltag aussieht, und so ein bisschen Türen öffnen in eine Welt, die ich vorher auch nicht gekannt habe. Für mich waren Menschen mit Trisomie 21 extrem behindert, bevor ich Julia hatte. Heute würde ich mir wünschen, Julia könnte alleine auf den Bus und mit dem Bus in die zuwebe, das ist die Zuger Werkstatt für Behinderte, arbeiten gehen. Das ist so ein riesen Unterschied zu dem, was sie kann und was ihr Unterstützungsbedarf ist. Ich weiss einfach, dass ganz viele Menschen einfach gar keine Berührung haben mit Menschen mit einer Beeinträchtigung, weil das Wegschauen einfach immer noch einfacher ist.
Süess: Und der spezielle Stil hilft dir einfach, dass es attraktiv ist, dass andere das überhaupt lesen, dass sie Lust haben, es zu lesen...
Della Rossa: Ich habe das Gefühl, dass es natürlich einfacher zu lesen ist, als wenn du ein Buch aufschlägst mit 300 Seiten und es erschlägt dich. Wenn du nicht gerne liest, liest du das nicht. Und ich habe wirklich Rückmeldungen von Menschen, die sagen, ich habe noch kein einziges Buch gelesen, aber deines habe ich gelesen. Ich glaube, ich erreiche vielleicht einfach auch durch diesen Stil mehr Aufmerksamkeit, dass man vielleicht nochmal hinschaut und sagt, komm, das ist jetzt nicht so lang, das lese ich jetzt. Und wenn sie dann mal drin sind, also ich habe dann immer das Gefühl, wenn ich sie dann mal habe, dann kommen sie auch wieder freiwillig.
Süess: Ja, jaja, und das hat ganz sicher nicht nur damit zu tun, dass es kurz und einfach ist, sondern es hat sicher auch damit zu tun, dass wirklich so eine, ich würde sagen, wahnsinnige Energie sich entfaltet durch deinen Stil, der eben so verknappt ist. Es geht ja nicht einfach nur um die Zeilensprünge, dass du irgendwo willkürlich einen Return drückst, sondern es entsteht so ein Stolpern, es gibt, wie du sagst, Brüche. Und diese Pausen, die, wie ich finde, ganz viel mit dem Inhalt zu tun haben. Auch wir stolpern, wir haben Pausen, es entsteht manchmal eine Hektik, weil an einem seltsamen Ort eben so eine Pause entsteht. Und dann passiert auch noch etwas, von dem ich auch glaube., dass es mit der Form zu hat, durch diese Verdichtung, dass eine emotionale Ansteckung geschieht.
Della Rossa: Ja, es ist mir wirklich einfach auch wichtig, dass es einen Inhalt hat. Oder, ich will nicht ein Blabla und ich habe ihr jetzt am Morgen das Frühstück gegeben, und dann habe ich sie angezogen, dann habe ich sie aufs WC begleitet, dann habe ich ihr die Schuhe gebunden... Sondern ich erkläre dann, was ich in dem Moment spüre, fühle. Wut, Trauer, Freude, Glück.
Süess: Für Oriana Schrage war es nicht ganz so einfach mit dieser Ansteckung, es hat es für sie schwierig gemacht. Der nächste Text, den wir hören, ist auch ein dunkler Text. Und Oriana hat mir nachher gesagt: Die erste Variante, die ich aufgenommen habe, ich weiss nicht, ob du sie brauchen kannst, es hat mich so überwältigt, es hat mich so angesteckt. Es ist, glaube ich, ein bisschen zu emotional geworden. Und ich habe dann wirklich die andere Variante genommen, die sie mit einer gewissen Distanz vorlesen konnte, weil die Wirkung natürlich stärker ist, wenn man es nicht zu überwältigt vorträgt.
Della Rossa: Genau, darum kann ich auch nicht selber lesen, weil das niemandem etwas bringt, wenn ich da bei jedem Kapitel in Tränen ausbrechen. Darum macht das lieber ein Profi.
Süess: Hören wir nochmal Oriana.
Della Rossa: sehr gerne.
Der verdammte Tunnel. Wenn das Ausmass der Hilflosigkeit deutlicher nicht sein kann. (O. Schrage liest aus "Ohne Liebe ist es nicht zu schaffen")
Della Rossa: Schon lange nicht mehr gelesen.
Süess: Was macht es mir dir?
Della Rossa: Boah, krass. Ich habe jetzt gerade gedacht, ob das Yanis noch weiss. Das muss ich ihn mal fragen. Das war so schlimm. Ich sehe es heute noch. Und ich weiss noch, er hat es so gut gemacht, er hat wirklich einfach Tücher gebracht und gesagt, Mama, was brauchst du noch? Wie kann ich noch helfen? Und ich dachte einfach, das kann doch nicht... was ist das für ein Leben? Ich habe es schon sehr lange nicht mehr gelesen.
Süess: Und dann hast du dich aber nach so einer Nacht hingesetzt und hast geschrieben, oder wie muss ich mir das vorstellen?
Della Rossa: Ja, wirklich. Dann bin ich runter und wusste, jetzt muss ich das aufschreiben. Ich muss das jetzt gerade verarbeiten.
Süess: Und dann hattest du einen Ort, wo du...
Della Rossa: Dann sitze ich vor dem Fernseher und es läuft irgendetwas und ich schreibe aber gleichzeitig.
Süess: Das heisst, das hat für dich wirklich auch eine therapeutische Funktion?
Della Rossa: Voll. Ohne das Schreiben wäre ich verrückt geworden.
Süess: Würdest du sagen, dass du vor allem deswegen damit angefangen hast? Für dich?
Della Rossa: Ja. Also – ganz am Anfang haben wir angefangen zu schreiben, nachdem wir die Diagnose hatten, weil wir wussten, wir wollen nicht allen dieselbe Geschichte erzählen. Und wir haben auch immer gleich wieder vergessen, wem wir was schon erzählt hatten. Und das war so peinlich, weil wir vielleicht dreimal derselben Person dasselbe erzählten und bei anderen dachten wir, wir hätte es schon gesagt. Wir merkten, dass es auch für das Gegenüber komisch war, zu sagen, hey, die Geschichte kenne ich schon. Und dann haben wir beschlossen damals, dass wir schriftlich - wir haben eine Art Newsletter gemacht.
Süess: Ah, im Bekanntenkreis?
Della Rossa: Ja, genau. Wirklich einfach so in unserem Umkreis. So hat es eigentlich angefangen. Und nachher haben uns alle wirklich immer wieder Rückmeldungen gegeben, dass diese Texte so schön sind. So hat es eigentlich angefangen. Dass ihnen das so viel bedeutet, dass wir so offen kommunizieren, dass sie besser mit uns umgehen können und mit uns reden, weil sie einfach merken, es sind alle auf der gleichen Basis, es haben alle den gleichen Wissensstand.
Süess: Ich meine, das ist sicher eine Riesenqualität von deinen Texten und überhaupt, denke ich, von der Art, wie du kommunizierst, was auch wir Eltern im Angelman Verein so schätzen, diese brutale Ehrlichkeit, auch über die dunklen Momente und über die negativen Gefühle miteinander zu sprechen.
Della Rossa: Ich finde einfach, es ist so wichtig, dass man das darf. Ich bin einfach nicht der Fan vom Schönreden. Und der Fan von Aussagen, wie «sie hat dich zu einem besseren Menschen gemacht.» Ja, dann wäre ich lieber ein bisschen weniger gut und sie wäre gesund. Nein, Schönreden, das ist auch für Roman nie, das ist nicht unsere Art Kommunikation zu führen. Wir sind... wir sagen einfach wirklich, wie es ist. Und dann darf das Negative wirklich auch Platz haben.
Süess: Es gibt ja einen, ich finde, auch berechtigten Vorwurf, vor allem von Aktivist:innen, die sagen, in unserer Kultur ist so ein negatives Bild von Behinderung, im Film und in der Literatur wird Behinderung oft so als grosses Drama, als Tragödie dargestellt. Und das hat eigentlich sehr negative Wirkungen auch für Menschen mit Behinderungen, weil: Wir wollen sie nicht sehen, wir wollen, dass sie nicht zur Welt kommen oder im schlimmsten Fall werden sie sogar umgebracht, weil es eben so negativ behaftet ist. Und ich merke schon, dass mich das ein bisschen hemmt. Also ich will keinen Kitsch erzählen. Ich möchte eigentlich gerne über die echten Nöte sprechen. Aber ich habe eine Hemmung, dass ich dann an dem negativen Bild von Behinderung mitwirke.
Della Rossa: Das verstehe ich sehr gut. Ich habe auch zwei, drei recht kritische Leserinnen, die ab und zu solche Kommentare dann auch äussern zu meinem Text. Ich glaube, das muss jeder selber entscheiden. Das ist einfach mein Weg und das müssen nicht alle gut finden. Und ich verstehe die andere Seite. Aber ich finde, ich mache viel Arbeit, die wichtig ist für Menschen mit einer Beeinträchtigung. Und das ist jetzt einfach meine Art, es so zu machen. Und ich finde es aber auch mega, wenn das jemand anders löst. Und wenn das für ihn stimmt, dass er nur über das Schöne von seinem Kind spricht, dann hat das auch seine Berechtigung, für mich stimmt es einfach nicht. Weil: Es ist nicht mein Leben.
Süess: Du hast ja gesagt, am Anfang hast du die Texte eigentlich für den Bekanntenkreis geschrieben. Und in dem Moment, wo du entschieden hast, das öffentlich zu machen – du hast dann einen Blog gemacht – warst du dir bewusst, dass du damit auch anecken könntest? Hat das Mut gebraucht?
Della Rossa: Ja, es braucht für jeden Text eigentlich Mut. Wir haben uns einfach von Anfang an immer abgesprochen, welche Fotos wir veröffentlichen. Weil meine Texte eigentlich immer zu einem Foto passen. Oder ich suche ein Foto aus, das zum Text passt. Das ist nicht immer nur der eine Weg. Und für uns war einfach immer wichtig, dass es für alle in der Familie stimmt. Und wir haben dann immer besprochen, wenn ich etwas veröffentlichte, ist das okay für euch? Und würdet ihr meinen, dass das auch okay ist für Julia? Und dort sind wir manchmal auch an Punkte gekommen, wo wir gesagt haben: Sollen wir so ein Foto jetzt zeigen, wie sie so traurig ist oder ein schmerzverzehrtes Gesicht hat? Das hat aber auch wieder gute Diskussionen ausgelöst, weil wir uns bewusst wurden: Wir müssen das ganze Leben für sie entscheiden, was für sie gut ist. Und wir werden Fehler machen. Es gibt vielleicht Momente, wo man im Nachhinein, wenn dann vielleicht Kritik kommt, merkt, jetzt vertrage ich es nicht, hätte ich doch gar nicht erst. Es gibt schon solche Momente. Aber bereuen tu ich es keine Sekunde. Es hat alles seinen Sinn.
Süess: Es stärkt euch auch als Familie?
Della Rossa: Es stärkt uns, und uns auch alle einzeln persönlich. Yanis geht so offen mit der Behinderung von Julia um. Er liebt sie über alles. Er hat auf seiner Goalie-Maske hinten ein Bild mit ihr. Er wurde auch unter anderem deshalb so, weil wir so offen damit umgehen können. Und er konnte in seinem Kollegenkreis so offen damit umgehen. Und seine Kollegen können jetzt offen mit Julia umgehen. Also, ja, ich glaube, wenn wir das anders gehandled hätten, wäre auch er anders.
Süess: In dem Text, den wir gerade gehört haben, merkt man auch, wie stark so eine Behinderung die ganze Familie betrifft und eben auch die Kinder. Und du sagst ja, du willst eigentlich nicht, dass er das sieht. Also es ist ein Moment, in dem du dich schlecht fühlst, weil dein Sohn das erleben muss. Und trotzdem wehrst du dich gegen den Begriff Schattenkind?
Della Rossa: Ja, genau. Also, ich meine, er ist damals elf. Ich meine, ein elfjähriges Kind,sollte so ein Bild nicht sehen müssen. Heute wäre er immer noch sehr betroffen, aber er ist ein erwachsener Mann. Er würde ganz anders mit dieser Situation umgehen. Ich würde es ihm heute noch nicht wünschen, dass er das sehen muss. Aber das Beschützen von einem kleinen Kind oder von einem Jugendlichen in Momenten, die richtig schwierig sind, wie eben, wenn der Krankenwagen kommt und alle Schläuche anhängt werden, das ist immer... ja, davor wollte ich ihn immer beschützen, weil ich einfach fand, das sollte er nicht sehen. Er hat in jeder Diskussion, die wir auch über Julia geführt haben, immer gesagt, dass er sich nicht benachteiligt fühlt, dass er sich nicht im Schatten fühlt. Er hat immer sehr verständnisvoll reagiert, wenn er hintenanstehen musste. Aber wir haben natürlich auch ganz fest versucht, es aufzufangen. Wir haben mit unserer Wohnsituation eine super Situation, wo wir ihn zu den Grosseltern schicken konnten, wenn der Rettungswagen kam, dass er das gar nicht sehen musste. Roman hat Wochenende für Wochenende mit ihm Dinge unternommen, und ich bin mit Julia zu Hause geblieben. Wir haben ganz oft Inseln geschaffen, auf denen es nur um ihn ging. Das hat in unserer Situation dann wie…, ja, so konnten wir das vielleicht auch umgehen, dass er sich benachteiligt fühlt oder als Schattenkind. Er sagt: Ich bin ganz sicher kein Schattenkind.
Süess: Es gibt in diesem Buch auch einen Text, in dem Yanis selber zu Wort kommt. Das ist, wenn man das Buch aufschlägt, eine Doppelseite, die jetzt ein bisschen anders aussieht als deine eigenen Texte. Yanis beantwortet nämlich Fragen schriftlich und da ist seine Handschrift hier abgebildet auf dieser Doppelseite. Und ich habe das auch Oriana gegeben zum Lesen und sie fand: Das kann ich nicht selber lesen, das muss mein Sohn lesen. Das hören wir jetzt.
Della Rossa: Oh, wow.
Süess: Oriana und Yoni.
Yanis. Wenn der grosse Bruder Antworten gibt. (O. Schrage und Yoni lesen aus "Ohne Liebe ist es nicht zu schaffen")
Della Rossa: Das ist voll Yanis. Und man muss sagen, er schreibt nicht gerne, er ging nie gerne zur Schule. So eine Hausaufgabe hätte ich wahrscheinlich, wenn sie vom Lehrer gekommen wäre, hätte ich zehnmal sagen müssen: Kannst du bitte deine Hausaufgabe machen? Und ich habe ihm das einfach hingelegt und gesagt: Schau, ich würde dich gerne auch zu Wort kommen lassen in dem Buch. Ich verstehe aber, wenn du das nicht möchtest. Aber wenn du magst, kannst du mir sonst diese Fragen beantworten. Und er hat so schön geschrieben. Ich glaube, sein Lehrer würde staunen.
Süess: Was ich an dem Buch so beeindruckend finde und auch wieder sehr bezeichnend für dich, wie ich dich kenne, ist, dass nicht nur deine eigene Stimme hier drin enthalten ist, sondern dass auch andere Stimmen dazukommen. Yanis haben wir jetzt gehört, es kommt aber auch dein Mann, Roman Della Rossa zu Wort. Er schreibt in seiner Art. Die Grosseltern kommen zu Wort…
Della Rossa: Der Grosspapi, ja.
Süess: ...eine Freundin, und du hast sogar Blogkommentare auch noch da drin aufgenommen. Also wirklich ein vielstimmiges Buch am Schluss. Und ich finde das recht speziell, dass du ganz intime Texte kombinierst mit diesen anderen Texten, und so zeigst: Du bist trotzdem nicht alleine, du bist eingebettet in diese anderen Stimmen. Also, das ist die Wirkung, die es auf mich hat. Hast du das von Anfang an so geplant, oder hat sich das so ergeben?
Della Rossa: Nein, das hat sich ergeben. Das ist sicher auch mit Hilfe von diesem Kurs, wo man sich ganz viel Gedanken macht, okay: was will ich eigentlich schreiben? Worüber? Aus welcher Sicht? Was gehört zu diesen zehn Jahren? Also das Buch umfasst wirklich die ersten zehn Jahre von Julia. Und da gehört einfach ihr Umfeld dazu. Und so ist es dann auch gewachsen. Mein Papi hat ziemlich schnell gesagt: Ich schreibe sehr gerne etwas. Roman hat sehr lange gebraucht. Roman sagt bis heute, er habe ich das Buch noch nicht gelesen. Und wenn ich am Anfang sagte: Was, also geht's noch? Hast du's wirklich nicht gelesen? Dann hat er gesagt: Nein, ich weiss ja, wie unser Leben ist, ich muss das nicht auch noch lesen. Aber den Text hat er mir ja dann doch geschrieben. Und ich finde ihn sehr stark, es ist wirklich ganz eine andere Sicht als meine.
Süess: Ja, und auch noch mal ein anderer Stil. Also man spürt da noch mal eine andere Stimme, es ist eine andere Person, es ist ein Vater...
Della Rossa: Genau. Also es ist wirklich, ich finde es auch ein ganz wertvolles Kapitel.
Süess: Der Schritt vom Blog zum Buch, wie ist der passiert? Also jetzt ganz praktisch? Fast alle Texte sind auf dem Blog zuerst erschienen, oder nicht?
Della Rossa: Nein, also, es war dann ziemlich schnell klar, ich kann nicht einfach nur copy-paste, das was ich schon geschrieben habe..., sondern es müssen neue Texte her. Ich habe sie nachher auf dem Blog veröffentlicht. Und ich habe einfach irgendwann auch eine Auswahl treffen müssen. Also, was lasse ich weg, was ist nur für mich wichtig, was ist zu intim…
Süess: Und dann hast du es im Selbstverlag gemacht?
Della Rossa: Genau, also wirklich alles selber gemacht, weil ich einfach alles bestimmen wollte. Ich hatte mir zuerst schon überlegt, einen Verlag anzuschreiben, und bin dann aber auch in dem Kurs wieder zum Schluss gekommen: Dann wähle ich den Titel nicht aus, dann wähle ich die Fotos nicht aus, dann habe ich Fotografen im Haus, die nochmal andere Fotos wollen, und das wollten wir einfach auch als Familie nicht. Und ich wollte wirklich mein Werk und ich hatte es im Kopf, wie ich das gestalten wollte, und dadurch kam der Verlag gar nicht in Frage.
Süess: Bei jedem Text gibt es eben ein Foto, und hier, bei dem Text, den wir jetzt hören, da ist ein Foto, das mir sehr nahe geht, weil nämlich Julia hier sehr ähnlich aussieht wie meine Tochter. Sie sehen sich sowieso sehr ähnlich, die beiden. Das Foto zeigt ein Mädchen, es ist etwa acht oder sieben. Sie hat blonde Zöpfe, die unter einer warmen Wollmütze hervorschauen. Sie lächelt freundlich, offen, in die Kamera, ein bisschen verschmitzt. Und im Hintergrund sieht man noch angeschnitten zwei andere junge Frauen oder Mädchen, das ist nicht ganz klar, sie sind nur so angeschnitten mit Winterjacken und Handschuhen. Da hören wir jetzt den Text dazu.
Eine Sekunde Normalität. (O. Schrage liest aus "Ohne Liebe ist es nicht zu schaffen")
Süess: Dankbar für diesen Moment einer Illusion von Normalität. Ich weiss so genau, was du meinst, und ich finde das aber so ein schwieriges Gefühl. Ich kenne das, und ich schäme mich aber dafür.
Della Rossa: Es ist auch schwer auszuhalten, dieser Moment.
Süess: Ich liebe sie doch, wie sie ist und das ist wie ein Widerspruch dazu.
Della Rossa: Und doch wünscht man sich doch einfach, dass sie so sein kann wie andere Kinder in ihrem Alter. Dass sie nicht immer auf uns angewiesen ist, immer Menschen braucht, die sie unterstützen und die sie gerne haben. Und alle Entscheidungen nicht bewusst beeinflussen kann.
Süess: Ich habe immer wieder so Phasen, in denen ich das nicht mehr so habe, oder in denen das nicht mehr auftaucht, und ich habe dann das Gefühl, jetzt bin ich angekommen.
Della Rossa: Ja, das habe ich auch.
Süess: Und dann gibt es Momente, wo der Riss wieder aufgeht.
Della Rossa: Ja, ja. Und es wird... ich merke jetzt mit diesen achtzehn Jahren, dass die Abstände schon grösser werden, von den guten Momenten bis zu einem Moment, der wieder verletzt. Es wird schon weniger.
Süess: Aber es hört nicht ganz auf.
Della Rossa: Es hört nicht auf, und wenn es kommt, kommt es total unerwartet und macht u-mega weh.
Süess: Ich habe da etwas entdeckt auf deinem Blog. Julia ist ja achtzehn geworden.
Della Rossa: Genau.
Süess: Und kurz vorher hast du wieder einen Text geschrieben, einen ganz kurzen, bei dem die Kraft deines Stils ganz stark zum Ausdruck kommt. Und wo man auch noch mal diesen Riss spürt. Es ist jetzt etwas überfallartig: Würdest du ihn vorlesen?
Della Rossa: Ui, ui, ui. Ja, komm. Er ist ja kurz.
Süess: Ganz kurz.
Della Rossa: Und Tränen hört man nicht. Am 27. März, das ist zwei Wochen vor dem achtzehnten. Geburtstag von Julia, habe ich das geschrieben.
Du darfst bald
Auto fahren,
wählen,
Verträge unterschreiben
und in den Ausgang,
solange du willst
Nicht.
Autsch.
Süess: Du schreibst weiter.
Della Rossa: Ja, auf jeden Fall. Aber nicht mehr so häufig, hast du vielleicht auch gemerkt. Es braucht es vielleicht auch nicht mehr so, weil die Momente, in denen man traurig ist oder in denen man etwas verarbeiten muss, sind schon weniger. Und es wird einiges zur Gewohnheit, von dem man sich nicht hätte vorstellen können, dass es je Gewohnheit ist, und dass es dann nicht mehr so weh tut. Aber ja, jetzt so mit achtzehn muss ich sagen, es hat uns alle noch mal recht gerüttelt. Wir haben auch ganz bewusst ein grosses Fest gemacht für Julia. Zuerst wollten wir gar nichts machen. Und dann haben wir wirklich entschieden, auch in der Familie, es müssen alle Betreuer eingeladen werden, die in unserem Team Julia, also Betreuer und Betreuerinnen, die in unserem Team Julia sind. Und es war so schön, Julia im Kreis von so vielen Menschen zu sehen, die sie so gerne haben. Und Yanis konnte es dann nicht unterdrücken zu sagen: Ja, wenn sie jetzt gesund wäre, wäre sie sicher nicht hier, dann wäre sie im Wald oben mit ihren Freundinnen. Trotzdem war es schön, dass wir etwas gemacht haben.
Süess: Jetzt kommen wir zum Schluss. Aber über einen Begriff möchte ich mit dir zum Schluss noch kurz reden, weil, wir haben jetzt immer von behindert und von Behinderung gesprochen. Wir machen das beide. für uns ist es ein Wort, das wir einfach so benutzen. Es gibt aber sehr viele Leute und auch von Eltern weiss ich, die das Wort meiden, die vielleicht von besonderen Bedürfnissen sprechen oder Beeinträchtigung, oder die es ganz vermeiden, das irgendwie zu kategorisieren, und sagen: Mein Kind ist einfach, wie es ist. Warum verwendest du dieses Wort?
Della Rossa: Weil es für mich normal ist. Weil Julia behindert ist und wird. Und für mich ist das nichts Schlimmes im Sinne von – ein Fluchwort oder ein Wort, das sie anders darstellt, als sie ist. Sie ist behindert. Leider. Es ist nicht ein besonderes Bedürfnis. Also, das ist schön, wenn man das so nennen will. Aber sie hat keine besonderen Bedürfnisse. Sie ist ganz normal behindert. Ja. Sie hat nicht andere Bedürfnisse als – ja – nein.
Süess: Hast du Reaktionen auf diese Sprache, die du verwendest, gerade beim Blog? Du erreichst ja eine grosse...
Della Rossa: Ja, ich habe schon auch dort, also selten aber gibt immer auch wieder mal einen Kommentar, er mich darauf hinweist, dass das nicht behindert heisst oder dass das nicht umgangssprachlich korrekt ist. Und ich lasse die dann jeweils unkommentiert stehen, diese Kommentare. Never feed a troll. Es darf jeder seine Meinung sagen, aber ich muss es dann nicht nochmal zurückgeben.
Süess: Aber du hast in dem Buch einen Text diesem Thema auch gewidmet. Es ist ja eine komplizierte Angelegenheit, das muss man schon sagen.
Della Rossa: Und sehr individuell, oder? Den einen verletzt das, dieser findet dann das nicht gut, weil er das gesagt hat. Also, da kann man sich natürlich auch wahnsinnig in etwas hineinsteigern. Ich finde, auch dort muss man sich nicht zu fest ernst nehmen. Ein bisschen kommunizieren, wie man es gerne hätte. Aber das ist sehr individuell. Dem einen hilft es, wenn man sagt, Gott hat euch das Kind geschenkt. Ich kann mit dieser Aussage nichts anfangen, die hilft mir nicht. Sie verletzt mich eigentlich sogar nur, weil ich es einfach nicht verstehe, warum irgendjemandem so etwas geschenkt wird.
Süess: Danke, Melanie, für deinen Mut. Ich glaube, ohne dich würde es wahrscheinlich den Podcast nicht geben. Also, es würde ihn ziemlich sicher nicht geben. Einerseits, weil du wirklich so viel Mut machst mit deinen eigenen Texten, aber auch einfach aus ganz praktischen Gründen. Weil, deine Beratung hat uns so viel genützt. Also, unser Leben wäre einfach ein ganz anderes Leben.
Della Rossa: Wie schön, diese Rückmeldung. Danke.
Süess: Das Buch "Ohne Liebe ist es nicht zu schaffen" könnt ihr bestellen auf der Website vom Angelman Verein Schweiz. Ah: Den Blog. Wie findet man den?
Della Rossa: Auf www.facebook.com/JuliaderWeg. Teaser!
Süess: Schön, dass ihr dabei wart. Ich mache mich jetzt wieder auf den Heimweg nach Zürich. Aber vielleicht – zuerst trinken wir nochmal so einen Eiskaffee?
Della Rossa: Das machen wir jetzt. Genau.